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,,Meine Oberschenkel sind zu dick’’, ,,Meine Beine sind zu kurz’’, ,,Die Osterpfunde sind ja immer noch nicht runter’’, ,,Das T-Shirt saß mal lockerer’’. Bestimmt jeder stand schon einmal vor dem Spiegel und hat sich sein Aussehen zum Vorwurf gemacht. Dies war vor einigen Jahren ein so großes Problem an einer Schule bei Kaufbeuren, da eine größere Gruppe Mädchen als Nebenreaktion ihrer Essstörung unaufmerksam im Unterricht war, dass der Präventionsbeauftragte Wolfgang Habel sich daraufhin an Sonja Welter und Susanne Bloss wandte. So setzten sie das nun schon zehn Jahre alte ,,Mut-mach Theater’’ in Gang und klären seither die Jugend unter anderem über Esskrankheiten auf. Am Montag hielten die beiden Frauen einen weiteren ihrer sensationellen Vorträge im Rahmen des ZAMMA Festivals und inspirierten eine Schülergruppe der Bürgermeister – Schütteschule auf ihre eigene Art und Weise.
Der Vortrag war ein voller Erfolg, vor allem, da die beiden Schauspielerinnen aus München das sensible Thema altersgerecht behandelten und allen Anwesenden die Möglichkeit gaben, um Fragen zu klären.

Ein wichtiger Teil ihrer Prävention ist es, den Kindern und Jugendlichen, aber auch Erwachsenen, den Ursprung ihrer Schönheitsideale zu erklären. Indem sie die verschiedenen Epochen durchgehen und die damaligen Vorstellungen der ,,perfekten Frau’’ bzw. des ,,perfekten Mannes’’ erläutern, zeigt sich deutlich, dass sich das, was man unter dem Begriff Schönheit versteht, über die Jahrhunderte stark verändert hat und immer wird. Beispielsweise orientierte man sich vor ungefähr 27000 Jahren an der Venus von Willendorf. Sie hatte üppige Rundungen und war somit ein Fruchtbarkeitssymbol. In der Antike und Mittelalter verhielt es sich ähnlich, wobei man sich von dem adipösen Traumkörper entfernte hatte, mehr hin zur schlankeren Figur. In der Neuzeit ist kein eindeutiges Schönheitsbild zu finden, da sich die Vorstellungen des Superbodys ungefähr alle zehn Jahre ändern.
Social Media ist in dieser Hinsicht auch nicht wirklich der beste Freund. Auf Instagram laden Models ihre bis an den Rand bearbeiteten Bikinibilder hoch, an denen sich junge Mädchen und Jungs dann messen – und verzweifeln. Oftmals wirken diese Bilder nämlich recht natürlich, woraufhin man sich die Frage stellt, wieso man nicht selbst so gut aussieht. Auf Snapchat geht dann der Bearbeitungswahnsinn weiter, der sogar von der App zur Verfügung gestellt wird. Via Gesichtserkennung kann man sich einen von vielen Filtern aussuchen, der dann direkt auf das Gesicht projiziert wird. Egal ob größere Augen, glattere Haut oder ein spitzeres Kinn – Snapchat macht’s mit einem Klick auf den Handybildschirm möglich. Das ist genau der Punkt, an dem Sonja und Susanne ihre Zuhörer zurück in die Realität holen. Mit sogenannten ‘’Real vs. Fake’’- Bilder decken sie die hervorgerufene Illusion dieser Bilder auf und zeigen, dass nicht alles ist wie es scheint. Gerade in der Welt der Sozialen Medien ist es total einfach mal hier und mal da etwas an sich zu ändern, weshalb sie auch dafür plädieren, nicht alles zu glauben, was man dort sieht.
Sonja liegt es auch besonders am Herzen ihren Zuhörern das Thema ,,auf einer Augenhöhe’’, wie sie sagt, näherzubringen, da sie in ihrem jugendlichen Alter selbst drei Jahre lang im ,,Diät-Teufelskreis’’ gefangen war.
Aber es sind nicht nur wir selbst, die sich fertigmachen können. Der größte Faktor ist, wie oben kurz angeschnitten, unser Umfeld. Wir leben in einer extrem wertenden Gesellschaft, der unsere Verletzlichkeit bei diesem Thema scheinbar nicht besonders wichtig ist. Susanne und Sonja betonten hierbei sehr stark, dass unser Selbstwertgefühl eine wichtige und dominante Rolle spielt. Es bestimmt wie anfällig wir bei gemeinen Kommentaren bezüglich unseres Aussehens sind, zum Beispiel in eine Essstörung zu verfallen. Selbstliebe ist hierbei das A und O. Man muss sich selbst akzeptieren und lieben können, dann machen einem solche Bemerkungen auch nicht mehr so viel.
Ihr Fazit ist: ,,Schönheit ist sehr wandelbar und abhängig von Gesellschaft, Epoche, Religion, Kultur und Wirtschaft.’’
Es bringt also nichts, sich so in diese Ideale reinzusteigern, wenn sie sich ohnehin kontinuierlich ändern und es keine feste Definition von Schönheit gibt. Und man sagt ja schließlich auch, dass wahre Schönheit von innen kommt.